Staatliches Pestizid-Monitoring muss kommen!

28. Februar 2024 Aktuelles

m Vordergrund Konzentrieren Sie sich auf eine Reihe von im Labor angebauten Kulturgemüse: Erbsen, Tomaten, Paprika, Pflanzen. Mediziner, der an einem Hintergrund in einem modernen Lebensmittelwissenschaftslabor arbeite
© gorodenkoff / istock

Das Thema Ackergifte beschäftigt die Bio-Branche seit Anfang an. Mit Orientierungswert und Monitoring hat der BNN vor 20 Jahren Instrumente geschaffen, die Bio-Qualität im Fachhandel sichern helfen. Die neue Datenbank macht das Monitoring noch besser. Zudem ist jedoch der Staat in der Pflicht.

„Das Thema Pestizide ist leider aktueller denn je“, sagt Holger Scharpenberg, Leiter des BNN-Monitorings. „Wir registrieren eine zwar langsame, aber stetig zunehmende Hintergrundbelastung verschiedenster pestizider Wirkstoffe im Spurenbereich. Das macht uns Sorgen.“ Das bestätigt Chemiker und Pestizidexperte Dr. Günter Lach. Es sei kaum vorstellbar, in welchem Maße Rückstände mittlerweile die Ökosysteme weltweit belasten. „Böden, Luft, Wasser und Nahrungsmittel sind zunehmender Kontamination ausgesetzt“, erklärt er. Seit der Einführung des BNN-Orientierungswerts begleitet der Experte als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats das Monitoring.

Das Monitoring dokumentiert Bio-Integrität

„Das Wissen und die Erfahrung aus 20 Jahren Monitoring bewähren sich und sind durch nichts zu ersetzen“, urteilt Lach. „Das Monitoring schafft Vertrauen in die Bio-Integrität, denn langjährige Analysen belegen, dass Bio-Produkte grundsätzlich ohne Pestizide erzeugt werden“, erklärt er. Neben der Qualitätssicherung gehe es um das Erkennen von Risiken und Beheben der Ursachen, insbesondere aber um den Beweis, dass die ungehemmte Verwendung von Pestiziden im konventionellen Anbau zur ubiquitären Kontamination der Ökosysteme führt.

Staat und Pestizidindustrie in der Pflicht

„Die große Ungerechtigkeit ist, dass Kontrolle und Sicherung der Rückstandsfreiheit allein den Bio-Unternehmen aufgebürdet werden“, sagt Scharpenberg. „Es kann nicht sein, dass sich der Staat hier aus der Verantwortung zieht“, macht Lach deutlich. Er hält ein staatliches Monitoring für geboten, um Korrelationen zwischen Pestizidgebrauch und Umweltbelastung aufzudecken. Er ist überzeugt, dass unabhängig erhobene, öffentliche Daten mittelfristig zu einer staatlich verordneten Pestizidreduktion führen würden, nicht zuletzt aus Gründen des Biodiversitäts- und Klimaschutzes. Das gelte auch für die EU. Entsprechende Pläne des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden bislang nur unzulänglich umgesetzt.

Neue Datenbank: Nutzerfreundlich und serviceorientiert

„Wir haben uns gefragt, welchen Herausforderungen sich das BNN-Monitoring stellen muss, um die Plattform noch besser auf die Zukunft ausrichten zu können“, beschreibt Holger Scharpenberg die Ausgangslage für das Upgrade des BNN-Monitorings. Durch die Neuprogrammierung sei ein benutzerfreundliches und serviceorientiertes Tool entstanden, das den Aufwand für die 44 teilnehmenden Unternehmen deutlich reduziert. Gleichzeitig seien die Analysen größerer Datensätze dank moderner Auswertungs- und Visualisierungfunktionen aussagekräftiger.

Hinzu komme mit dem Bereich „BNN-Fokus Pestizide“ ein Bonus für die Mitglieder. „Ziel ist, den Ursachen bestimmter Probleme datenbasiert auf den Grund zu gehen, um beispielsweise die risikobasierte Analyse-Taktik zu optimieren“, sagt Scharpenberg. Das Monitoring stehe allen Unternehmen der Bio-Branche offen. Je mehr teilnehmende Betriebe, desto breiter die Datenbasis und desto effektiver, effizienter und letztlich günstiger sei das System für alle.

Geplant ist, das Monitoring als Dienstleistung für spezifische und aktuelle Fragestellungen auszubauen. Scharpenberg ist überzeugt, dass die neue Datenbank einen deutlichen Mehrwert für alle Teilnehmenden bieten wird.