Natürliche Vielfalt statt genetischer Einfalt - Keine Gentechnik in unseren Lebensmitteln

31. Mai 2023 Aktuelles Position

© BNN

Resolution der Mitgliederversammlung des Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. vom 25.05.2023: Die Mitglieder des BNN fordern, neue gentechnische Verfahren strikt gemäß der geltenden EU-Gesetzgebung zu regulieren.

Die Mitglieder des Bundesverbands Naturkost Naturwaren e.V. (BNN) fühlen sich verpflichtet, höchste Standards bei der Erzeugung und bei der Verarbeitung von Lebensmitteln und Naturwaren zu gewährleisten. Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und der planetaren Grenzen steht im Zentrum ihres wirtschaftlichen Handelns. Die Mitgliedsunternehmen produzieren, importieren und handeln Bio-Lebensmittel mindestens nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung. Sie lehnen die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft ab.

Die EU-Kommission plant eine Lockerung des europäischen Gentechnikrechts. Es ist zu befürchten, dass bestimmte Pflanzen, deren Erbgut durch neue gentechnische Verfahren wie beispielsweise CRISPR/CAS verändert wurden, in Zukunft nicht mehr unter das Gentechnikrecht fallen. Dies würde bedeuten, dass es keine unabhängige Risikobewertung mehr gibt, die Pflanzen und ihre Produkte nicht mehr als Gentechnik gekennzeichnet werden und somit auch für Hersteller*innen und Händler*innen von Bio-Lebensmitteln nicht mehr erkennbar sind. Sie könnten ihre Lieferketten nicht mehr gentechnikfrei halten und damit wären auch Läden des Bio-Fachhandels keine Einkaufsstätten mehr, die gentechnikfreie Lebensmittel und Naturprodukte garantieren können. Auch die Verbraucher*innen hätten keine Wahlmöglichkeit mehr, sich gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel und Alltagsprodukte zu entscheiden.

Das würde in fataler Weise dem Ökolandbau insgesamt schaden, weil er den industriellen Interessen "geopfert" werden würde – und das 25%-Bio-Ziel der Europäischen Union im Rahmen der "Farm to Fork"-Strategie könnte in weite Ferne rücken. Für Umweltschutz, Biodiversität und Klimaschutz braucht die Gesellschaft den Ökolandbau!

Vorsorgeprinzip, Risikoprüfungen, Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Kennzeichnungspflicht dürfen deshalb auch nicht für neue Gentechnikverfahren aufgeweicht werden. Die Wahlfreiheit muss erhalten bleiben!

Kennzeichnungspflicht erhalten!

Damit Bio-Unternehmen aus Herstellung und Handel weiterhin sicherstellen können, dass sie keine gentechnisch veränderte Ware verarbeiten und handeln brauchen Sie die passenden Rahmenbedingungen: Ohne Kennzeichnungspflicht und Analysemethoden geht es nicht. Ohne diesen Rahmen können Unternehmen keine GVO erkennen. Und wenn sie keine GVO mehr erkennen können, können sie den Verbraucher*innen keine GVO-freien Produkte mehr anbieten. Dies widerspricht der Wahlfreiheit und dem erklärten Willen der Verbraucher*innen: Denn eine klare Mehrheit von europäischen Verbraucher*innen sprechen sich für eine GVO-Kennzeichnung aus, wie eine von der Fraktion der Grünen/EFA im Europäischen Parlament in Auftrag gegeben Studie 2021 belegt. Um einen erheblichen Vertrauensverlust in die Land- und Lebensmittelwirtschaft zu verhindern, braucht es aber unbedingt eine gesellschaftlich akzeptierte Lösung.

Ökologische Züchtung fördern statt verhindern!

Viele Mitgliedsunternehmen des BNN engagieren sich seit Jahrzehnten in der Förderung der ökologischen Pflanzenzüchtung, um die Abhängigkeit der Biobäuerinnen und Biobauern sowie der Bio-Hersteller*innen und Bio-Händler*innen von den großen Saatgut-, Agrar- und Chemiekonzernen zu verringern. Damit tragen die Unternehmen durch die Förderung ökologischer Züchtung und dem Erhalt samenfester Sorten zur Artenvielfalt bei. Statt sich auf die gentechnische Optimierung einiger weniger, anfälliger Hochleistungssorten zu konzentrieren, ist es vorteilhafter, eine möglichst große Sortenvielfalt zu nutzen und vielfältige Anbausysteme anzuwenden, um eine optimale Anpassung an die lokale Umwelt zu erreichen und das Risiko von Missernten und Krankheiten zu minimieren.

Keine Verstärkung der Monopolstellung von Konzernen durch Patente für die Nutzung gentechnischer Verfahren!

Durch den Einsatz gentechnisch veränderter Sorten und die Vergabe von Patenten wird sich die Monopolstellung der großen Saatgutkonzerne weiter zum Nachteil aller – von Züchter*innen bis zu Verbraucher*innen - verstärken.

Die BNN-Mitglieder stehen für eine ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft, die Klima, Wasser, Artenvielfalt und Böden schützt. Sie fördern regionale Handelsnetzwerke, die resiliente Versorgungsstrukturen mit ökologisch nachhaltigen Lebensmitteln und Alltagsprodukten stärken. Monopolistische und hochgradig internationale Konzernabhängigkeiten führen nicht nur zu einem Verlust von Vielfalt, sondern können, wie auch der Krieg in der Ukraine zeigt, zu massiven Schieflagen bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Alltagsprodukten führen.

Die Mitgliedsunternehmen des BNN fordern deshalb,

  • auch die neuen gentechnischen Verfahren (z.B. CRISPR/CAS) gemäß der geltenden EU-Gesetzgebung zur Freisetzung, Verwendung und zum Import gentechnisch veränderter Organismen (GVO) weiterhin zu regulieren.
  • eine der Genehmigung von GVO vorausgehende, transparente und unabhängige Risikoanalyse und Bewertung sowie ein langfristiges Monitoring. Dies ist notwendig, um im Sinne des Vorsorgeprinzips negative Auswirkungen auf Umwelt, Biodiversität und Gesundheit erkennen und verhindern zu können.
  • die Sicherstellung der Wahlfreiheit von Verbraucher*innen, Bäuerinnen und Bauern, Verarbeiter*innen und Händler*innen. Dies ist nur durch eine eindeutige Kennzeichnung aller, mit Hilfe von Gentechnik erzeugten Rohstoffen und Produkten möglich.
  • eine Verpflichtung von Inverkehrbringer gentechnisch veränderter Sorten, Nachweisverfahren zu entwickeln, um eine Anwendung gentechnischer Verfahren eindeutig im Organismus bzw. Produkt erkennen, kennzeichnen und rückverfolgen zu können. Auch die Rückholbarkeit muss Zulassungsvoraussetzung bleiben.
  • eine gesetzlich verankerte Haftung gemäß dem Verursacherprinzip für Schäden, die durch gentechnisch veränderte Organismen entstehen. Dies gilt u.a. für die Kontamination ökologisch bewirtschafteter Flächen, Auswirkungen auf Ökosysteme, Nutz- und Wildtiere sowie die menschliche Gesundheit.
  • EU, Bund und Länder müssen mehr Forschung zu Umwelt-, Biodiversitäts- und Gesundheitsrisiken neuer GVO, zu ihren sozio-ökonomischen Auswirkungen sowie zur Entwicklung genereller Nachweisverfahren fördern.
  • mehr staatliche Fördermittel für die ökologische Pflanzenzucht.

 

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