04. August 2023 • Pressemitteilung • BNN-News
BNN-Gastkommentar in der Lebensmittel Zeitung, Ausgabe 31 vom 04.08.2023
Von Volkmar Spielberger, Mitglied des Vorstands beim Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V.
Der Bio-Fachhandel hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Bio heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Denn die Bio-Bewegung hat es geschafft, Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung gesellschaftlich zu verankern. Durch ihr konsequentes Engagement qualitativ hochwertige, ökologisch erzeugte Lebensmittel anzubieten, haben die ökologisch motivierten Hersteller und Groß- und Einzelhändler den Grundstein für den Erfolg von Bioprodukten gelegt. Bio ist kein Nischenmarkt mehr, sondern ein bedeutender Wirtschaftszweig, der einen zentralen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leistet. Mittlerweile hat auch der konventionelle Handel Bio als lukratives Geschäftsfeld entdeckt.
Der Biofachhandel steht für konsequent ökologisches und nachhaltiges Wirtschaften, für Regionalität und Vielfalt. Gerade dafür eignen sich kleine und mittelständische (KMU) Strukturen, um die Versorgung mit regionalen Bio-Lebensmitteln zu ermöglichen und die Land- und Lebensmittelwirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit umzugestalten. Bio-Unternehmen haben gezeigt, dass eine verantwortungsvolle und umweltschonende Land- und Lebensmittelwirtschaft möglich ist. Ihr Fokus liegt auf kurzen Lieferketten, langjährigen und vertrauensvollen Partnerschaften. Zudem verzichten sie auf die Verwendung von umweltbedrohenden Maßnahmen, wie synthetische Pestizide oder Gentechnik. Diese vertrauensvollen Partnerschaften und die nachhaltig gewachsenen Strukturen sind ein wichtiger Grund, warum die Preise für Bio-Lebensmittel in den letzten zwei Jahren weitestgehend stabil geblieben sind.
Wir brauchen nicht nur Biodiversität zum Erhalt unserer Lebensgrundlage, sondern auch eine Handelsdiversität. Denn vielfältige und regionale Handelsstrukturen tragen zur Stabilität der Wirtschaft bei und fördern Innovationen. Marktkonzentrationen sorgen für den Verlust von Vielfalt und Resilienz. Gerade der Bio-Fachhandel ist mit seiner Entwicklung vielfältiger Bio-Produkte ein Innovationsmotor. Die breite Palette an Bio-Produkten in den Supermarktregalen ist das Ergebnis der Innovations- und Entwicklungsfähigkeit des Fachhandels. Und das, obwohl Nachhaltigkeit in der Lebensmittelwirtschaft immer noch ein Nachteil ist.
Die aktuellen Zustände lassen sich auf das bestehende System zurückführen. Es werden Unternehmen subventioniert, die zu Lasten von Umwelt und Klima wirtschaften. Dies ermöglicht ihnen, günstigere Preise anzubieten, weil sie Umweltfolgeschäden auf die Allgemeinheit abwälzen. Bio-Unternehmen hingegen finanzieren die höheren Kosten, die eine nachhaltige und umweltschonende Produktion mit sich bringen, aus eigener Tasche. Am aktuellen Beispiel von Penny zeigt sich, dass die wahren Preisen von Lebensmitteln genau diese höheren Kosten enthalten.
Was wir jetzt benötigen, sind positive Anreize, um die Kosten gerechter zu verteilen. Um der Marktverzerrung entgegenzuwirken und Verbraucher finanziell zu entlasten, wäre eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Bio-Produkte auf null Prozent sinnvoll. Weitere Schritte wie die Erhöhung des Bio-Anteils in Kantinen des Bundes und die Einführung einer längst überfälligen Pestizidabgabe sollten folgen. Es ist dringend an der Zeit, dass nachhaltige und umweltschonende Produktionen von Lebensmitteln in der Wirtschaftsförderung der Politik stärker berücksichtigt und anerkannt werden.
Um das Ziel von 30 Prozent Bio-Anteil zu erreichen, müssen alle Beteiligten – Politik, Handel, Landwirte und Verbraucher – zusammenarbeiten. Der Bio-Fachhandel ist dabei ein wichtiger Akteur. Wir sollten nicht ausschließlich auf rein wirtschaftliche Größenvorteile setzen. Stattdessen sollten wir die innovativen Ansätze des Bio-Fachhandels in den Mittelpunkt rücken. Auf diese Weise können wir eine nachhaltige und zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft vorantreiben.