Pestizide: Wer zahlt die Folgekosten?

09. Juni 2023 Aktuelles

© Karl Bär, Foto: © Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Kaminski

Drei Fragen an den Grünen-Politiker und Bundestagsabgeordneten Karl Bär.

Der BNN hat gemeinsam mit dem Bündnis enkeltaugliche Landwirtschaft (BeL) auf der BIOFACH 2023 von der Politik die Einrichtung eines Schadensausgleichsfonds zur Kompensation der Kosten gefordert, die durch die Belastung durch chemisch-synthetische Pestizide entstehen. Vor allem Biobäuerinnen und -Bauern sowie Hersteller*innen von Bio-Produkten bleiben bislang auf den Kosten, beispielsweise für Analysen von Lebensmitteln, sitzen. Hierzu haben wir den Bundestagsabgeordneten und Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Karl Bär befragt.

Welche Chancen sehen Sie für die Forderung des BNN nach einem Schadensausgleichsfonds?

Karl Bär: In der Umweltpolitik wird grade ein vergleichbares Problem erfolgreich beackert: Städte und Gemeinden haben wegen Plastikmüll in der Landschaft oder öffentlichen Mülleimern einiges an Kosten. Per Gesetz wird nun ein Fonds eingerichtet werden, in den die Hersteller von Einwegkunststoff pro Jahr rund 400 Million Euro einzahlen. Dies könnte eine Blaupause für einen Pestizidbelastungsfonds sein.

Pestizid-Abdrift ist für viele Biobauern ein großes, nicht selten existenzbedrohendes Problem. Was könnte der Gesetzgeber sonst noch tun, damit Landwirt*innen, die für die Pestizidbelastung nicht verantwortlich sind, nicht auf dem entstandenen Schaden sitzenbleiben?

Karl Bär: Am besten wäre es, gar keine der chemischen Mittel mehr auf den Äckern zu haben. Es hilft aber jede Reduktion des Pestizideinsatzes: Je weniger davon versprüht wird, umso weniger kann verweht werden oder verdampfen. Ich finde zum Beispiel Sarah Wieners Vorschlag im Europaparlament für eine EU-Verordnung recht intelligent und bin gespannt auf das Pestizidreduktionsprogramm, an dem das BMEL arbeitet. Das BVL startet 2024 ein eigenes Luftmonitoring zur Untersuchung der Pestizidabdrift.

Was versprechen Sie sich von den Ergebnissen? Was lässt sich ggf. daraus ableiten, um eine Kontamination der Umwelt durch Pestizide in Zukunft einzuschränken?

Je besser und offizieller die Datenlage ist, umso besser können wir gegen das Problem vorgehen. Ich habe die Hoffnung, dass sich mit Daten aus dem Luftmonitoring, Umweltmedien und Lebensmitteln bestimmte Stoffe identifizieren lassen, die besonders zu Abdrift neigen. Wenn ein Verbot von wenigen Stoffen einen verhältnismäßig großen Teil des Problems lösen könnte, sollten wir diesen Weg schnell gehen.

Die Fragen stellte Hans F. Kaufmann, Leiter Kommunikation (BNN)

Der Beitrag erschien in der aktuellen Ausgabe der BNN-Nachrichten.