PRIMAVERA im Portrait: „Die Welt ein Stückchen besser machen“

10. Oktober 2022 Aktuelles

Idyllischer Blick auf die Allgäuer Alpen.
Wer vom Unternehmensgelände schaut, schaut direkt auf das idyllische Alpenpanorama. Bild: PRIMAVERA

Seit 36 Jahren steht der Name PRIMAVERA für Aromatherapie sowie Bio- und Naturkosmetik aus dem Allgäu. Seine Inspirationen für die Produkte hat Firmenmitgründer Kurt L. Nübling auf seinen Reisen in die Ferne gewonnen.

Seit 36 Jahren steht der Name PRIMAVERA für Aromatherapie sowie Bio- und Naturkosmetik aus dem Allgäu. Das Unternehmen, das den Frühling im Namen trägt, geht seinen Weg sehr konsequent, was nicht zuletzt auch am Firmensitz sichtbar wird. Im Dezember 2021 wurde es mit dem „Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2022“ ausgezeichnet.

Wer würde nicht gerne von sich sagen, das Paradies auf Erden gefunden zu haben? Im Fall von PRIMAVERA ist es sogar amtlich: Die Adresse des Aromatherapie- und Naturkosmetik-Unternehmens in der kleinen Allgäu-Gemeinde Oy-Mittelberg lautet „Naturparadies 1“. Und das ist kein Marketing-Gag, auch wenn die Idee von Firmenmitgründer Kurt L. Nübling stammt. Wer sich dem ungewöhnlichen Firmengebäude über die Hauptstraße nähert, biegt tatsächlich in eine kleine Straße namens „Naturparadies“ ein, der Gemeinderat hatte dem Vorschlag des Unternehmens vor einigen Jahren zugestimmt.

Ohne den Pfad journalistischer Zurückhaltung zu verlassen, kann man sagen: Verglichen mit der Anmutung sehr vieler Industrie- und Gewerbegebiete in Deutschland sieht es am Firmensitz von PRIMAVERA tatsächlich paradiesisch aus, vor allem im Frühling und Sommer, wenn hier laut Nübling rund 100.000 Pflanzen blühen.

Auch die Insektenvielfalt, darunter seltene und bedrohte Arten, die auf der „Roten Liste“ stehen, ist beeindruckend. Nun hat das Unternehmen sich aber nicht etwa in einem besonders sensiblen Naturareal niedergelassen – es hat dieses Areal vielmehr selbst geschaffen und gestaltet. Weshalb – um das zu beantworten, muss man einige Jahre zurückgehen.

Schon im Alter von 17 Jahren war Kurt L. Nübling nicht zu halten. Während seine Eltern ihn mit Freunden am Bodensee wähnten, saß er damals tatsächlich im „Orient-Express“ nach Istanbul. Bei dieser und zahlreichen weiteren Reisen fielen ihm die vielen intensiven Düfte auf. „In vielen Ländern des Nahen und Mittleren Osten spielen Düfte eine ganz andere Rolle als hier, auch kulturell“, erzählt Nübling, der gerne
„Abenteurer“ geworden wäre, dann aber doch eine Ausbildung zum Bankkaufmann machte – weil ‚Abenteurer‘ kein Beruf ist“, wie er sagt. Er gibt aber auch zu: „Das war keine Leidenschaft ...“.

Es folgten einige Semester Landwirtschaftsstudium, das er aber abbrach, als er ein Praktikum in einem Schweinemastbetrieb machen sollte. Danach beschäftigte er sich viel mit Kneipp- und Physiotherapie. Doch die Düfte ließen ihn nicht los. Und so gründete er mit Ute Leube, die bis heute dabei ist, 1986 ein Unternehmen für Aromatherapie und Naturkosmetik mit dem italienischen Namen für Frühling: PRIMAVERA.

Es kommt auf die Menschen an

Auch innerhalb des Unternehmens kommt es Leube, Nübling sowie Mitgeschäftsführer Martin Frevert auf die Menschen an. „Wir pflegen hier ein ausgeprägtes Wir-Bewusstsein und wollen der Welt des Wettbewerbs und der oft zu spürenden Ellenbogengesellschaft etwas anderes entgegensetzen“, stellt Nübling klar. Wie bisher könne es schlicht nicht weiter gehen. „Wir brauchen ganz neue Kompetenzen, um die Herausforderungen von heute zu meistern“, ist er überzeugt, „zum Beispiel viel mehr Schwarmintelligenz.“ Genau darauf setze man bei PRIMAVERA, die Meinung jedes einzelnen Beschäftigten zähle.

An erster Stelle: Verantwortung, nicht Gewinn

„Wir waren ein Freundeskreis, verbunden durch den tiefen Respekt vor der Natur und der Liebe zu ihr“, erinnert er sich, „und voller Idealismus wollten wir gemeinsam etwas tun, um die Welt ein Stückchen besser zu machen.“ Geld zu verdienen, sei dabei gar nicht der Antrieb gewesen. „Das mussten wir erst lernen“, gibt Nübling zu, der heute für 260 Beschäftigte verantwortlich ist, die gemeinsam einen Jahresumsatz von fast 50 Millionen Euro erwirtschaften, und zwar mit naturreinen ätherischen Ölen sowie zertifizierter Bio- und Naturkosmetik. Den größten Umsatzanteil erwirtschaftet PRIMAVERA in Deutschland und Österreich, insgesamt findet man die Produkte aus dem Oberallgäu jedoch in 35 Ländern.

Angesichts derartiger Dimensionen spielen Zahlen eine immense Rolle, solide und schwarze vor allem. Trotzdem seien sie kein Selbstzweck. „An erster Stelle steht für uns nicht Gewinn, sondern Verantwortung und Miteinander“, betont Nübling. Zuallererst Verantwortung gegenüber der Natur.

„Wir sehen es als unsere Lebensaufgabe an, Naturprodukte erlesener Qualität in verantwortungsvollem Umgang mit der Natur zu entwickeln und nachhaltig herzustellen“, sagt Mitgründerin Ute Leube. Synthetische Farb- und Konservierungsstoffe, Parabene, Paraffine, Silikone, genetisch veränderte Pflanzen oder auch das „Strecken“ mit Rohstoffen unklarer Herkunft, darauf legt man bei PRIMAVERA größten Wert, seien ausgeschlossen.

Verantwortung übernimmt PRIMAVERA aber auch gegenüber den Menschen. Das beginnt bei den Lieferanten, mit denen das Unternehmen langfristige Partnerschaften unterhält. „Und zwar auf Augenhöhe“, wie Leube betont. „Das ist eine ganz enge Verbindung, wir stehen in engem Kontakt und tauschen uns intensiv aus.“ Garantierte Abnahmemengen sind ein weiteres Element dieser Zusammenarbeit. Und viel Unterstützung. „Manche der Landwirtschaftsbetriebe mussten ja erst auf Bio umstellen“, erzählt Nübling, „dabei haben wir geholfen.“ Insgesamt unterhält PRIMAVERA derzeit 17 Bio-Anbaupartnerschaften auf vier Kontinenten.

Ausgezeichnet nachhaltig

Das gesamte Engagement des Unternehmens wurde erst vor einigen Monaten offiziell gewürdigt: Im Dezember 2021 wurde PRIMAVERA mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2022 in der Kategorie „Transformationsfeld Biodiversität“ ausgezeichnet. Laut Jury lasse sich der außer- ordentliche Einsatz für Biodiversität bei PRIMAVERA an vielen Punkten festmachen. So setze das Unternehmen seit Beginn auf den Einsatz von zertifiziert biologischen Pflanzenstoffen, fördere die Ausweitung von Bio-Anbau weltweit und lebe vorbildlich Biodiversität am Firmenstandort.

Womit wir wieder am Anfang wären: im Naturparadies. Geschaffen von PRIMAVERA. Und zwar auf einer Fläche, die andere Unternehmen schlicht genutzt hätten, um eine weitere Produktions- oder Lagerhalle zu errichten. Doch bei PRIMAVERA denkt man auch in dieser Hinsicht anders. Man habe damals mit Absicht eine Fläche gekauft, die größer sei als eigentlich erforderlich, erklärt der Firmengründer.

Ein Beweggrund: Die Menschen sollten es schön haben. Diejenigen, die einfach nur am Firmensitz vorbeikommen. Diejenigen, die bei PRIMAVERA arbeiten. Und die rund 40.000 Menschen, die sonst noch Jahr für Jahr bei PRIMAVERA ein- und ausgehen, Geschäftspartner*innen etwa oder die vielen privaten Anwender*innen, die direkt im PRIMAVERA-Shop einkaufen möchten.

Deshalb begann man bei PRIMAVERA nach dem Kauf des Grundstücks vor einigen Jahren damit, das heutige „Naturparadies“ zu erschaffen. Das Firmengebäude selbst wurde nach nachhaltigen Kriterien in fließenden Formen errichtet, um sich möglichst harmonisch in die geschwungenen Hügel der Allgäuer Voralpen einzufügen. Zudem entstand im Laufe der Jahre ein riesiger Duft-, Heil- und Pflanzengarten.

Inzwischen bietet PRIMAVERA hier auch regelmäßig Führungen an, etwa für Schulklassen. Auch die PRIMAVERA-Akademie zieht viele Besucher*innen an, die sich in Weiterbildungen und Duftreisen intensiver mit Aromatherapie und Naturkosmetik befassen wollen.

Noch wichtiger für die Erschaffung des Naturparadieses war aber ein anderer Beweggrund. „Wir alle hier bei PRIMAVERA“, sagt Nübling“, möchten in einer Umgebung wirtschaften, die uns jeden Tag zeigt, wofür unser Unternehmen steht und wofür es uns überhaupt gibt.“

Autor: Lothar Schmitz, freier Journalist